Wie bereits im Post über den Sauerteig angetönt, hat sich nach unserem Besuch bei der Backschule Wüst ein zweiter Ansatz im Kühlschrank eingenistet, ein fester Sauerteig (TA 150). Bislang habe ich fast nur mit flüssigen Sauerteigen gearbeitet, bei denen auf 100 g Mehl 80-100 g Wasser kommen (TA 180-200). Im Hinblick auf Ostern kann ich den zweiten Ansatz, der sich durch sein mildes Aroma und die starke Triebkraft auszeichnet, sehr gut gebrauchen. Ausserdem macht Stefanie mich mit ihren Rezepten regelmässig glustig.
Ich habe meinen milden Sauerteig aus Anstellgut des normalen Sauerteigs gezogen. Wenn Interesse da ist, mache ich ein Experiment von Grund auf. Dann bitte per Kommentar oder Schreibkasten bei mir melden. Das Ansetzen eignet sich ganz toll für einen regnerischen Sonntag, an dem ausser Lesen ohnehin nicht viel ansteht. Man muss nämlich immer mal wieder einen Blick darauf werfen, aber es gibt dabei nicht viel zu tun. Was von der Anzucht übrig bleibt, kann einem anderen Brot als Vorteig zugegeben werden (siehe auch hier). Da der milde Sauerteig eine geringe Teigausbeute hat, muss allenfalls noch etwas mehr Wasser zum Hauptteig zugegeben werden.
Ansatz
60 g Saft vom frischen Apfel (1 Apfel)
60 g Halbweissmehl (Weizenmehl Type 550-720)
6 g ASG
Den Apfel raffeln, in einem Sieb auspressen und 60 g abwiegen. Gekaufter Apfelsaft wurde erhitzt, deshalb fehlen ihm die nötigen Stoffe für dieses Rezept. Die Zutaten von Hand zu einem homogenen Teig kneten und abgedeckt an einem warmen Ort gehen lassen. Um die Volumenzunahme zu überprüfen, lässt man den Teig am besten in einem Messbecher gehen. Innert 3-5 Stunden beträgt das Volumen das 2.5-3-fache. Dann geht’s weiter zur Auffrischung.
1. Auffrischen
120 g Ansatz
120 g Halbweissmehl (Weizenmehl Type 550-720)
60 g Wasser, warm
Den Ansatz mit frischem Mehl und Wasser verkneten und erneut abgedeckt gehen lassen, bis sich das Volumen ca. verdreifacht hat. Dies dauert etwa 3-5 Stunden. Der Sauerteig sollte nun mild und nach Joghurt riechen. Dies ist übrigens auch die Auffrischung, die vor jedem Backgang vorgenommen werden muss.
2. Auffrischen
120 g aus der 1. Auffrischung
120 g Halbweissmehl (Weizenmehl Type 550-720)
60 g Wasser, warm
Damit der Starter im Kühlschrank auch wirklich nicht in Essigsäure kippt, wird noch ein zweites Mal aufgefrischt. Wieder alle Zutaten gut kneten und mit Klarsichtfolie abgedeckt an einem warmen Ort gehen lassen. Innert 3 Stunden sollte sich das Volumen nun ca. verdreifacht haben. Wenn nicht, die Auffrischung wiederholen.
Aufbewahrung
Nach der Auffrischung, wenn der Starter am triebkräftigsten ist, kommt er in den Kühlschrank. Im Kühlschrank soll keine weitere Reifung stattfinden, weil sonst Essigsäure anstelle von der gewollten Milchsäure produziert würde. Damit er nicht weiter reift, muss er möglichst luftdicht aufbewahrt werden. Dazu eignen sich ein dicht schliessendes Plastikgeschirr oder ein Marmeladenglas. Darin ist er eine Woche haltbar. Danach muss erneut aufgefrischt werden (siehe oben 1. Auffrischung und wenn nötig, 2. Auffrischung). Mit dem Einfrieren habe ich beim normalen Sauerteig mittelmässige Erfahrung gemacht, ebenso mit dem Trocknen. Es klappt schon, aber der Sauerteig braucht danach sehr viel Aufmerksamkeit, produziert anfangs viel Säure und benötigt viel Zeit. Einfrieren oder Trocknen ist natürlich besser als von vorn anzufangen, aber der milde Sauerteig wird dann halt am Anfang nicht mehr so mild sein. Einfrieren bei min. -18°C. Zum Trocknen wird der reife Sauerteig auf einem Backpapier dünn ausgestrichen, im ausgeschalteten, kalten Backofen vollständig getrocknet, abgebröselt und in einem Schraubglas kühl und dunkel gelagert (wegen der Feuchtigkeit nicht im Kühlschrank aufbewahren).
Dieser neue Sauerteig hat Vor- und Nachteile, genauso wie der Herkömmliche. Aber wie immer lassen sich die Contrapunkte durch Sorgfalt und Planung ausgleichen.
Pro | Contra | was es zu beachten gibt |
Der milde Sauerteig ist innert 3 Stunden reif. Hohe Spontanität. Gutes Aufwand-Ertragsverhältnis. | Der Sauerteig muss mindestens 1 Mal wöchentlich aufgefrischt werden. | |
Der milde Sauerteig eignet sich hervorragend für süsse Gebäcke, wie bspw. Dampf-, Ofen- und Pfannennudeln, süsser Zopfteig, etc. Er ist deshalb ein super Hilfsmittel für alle, die wie ich süsse Hefegebäcke lieben, aber einen penetranten Hefegeschmack vermeiden wollen. | Damit sich kein unangenehmer Nebengeschmack breit macht, müssen Temperaturen, Gehzeiten und Anstellgutmengen eingehalten werden. | |
Es muss min. 120 g Anstellgut für den nächsten Backtag zur Seite gelegt werden. |
Diese zusätzlichen 100 g Anstellgut stehen i.d.R. nicht im Rezept (bei mir schon) und müssen separat dazu gerechnet werden. 120 g ASG reichen für 200 g Starter + 100 g neues ASG. Mit 200 g Starter kann ein Teig mit ca. 400 g zusätzlichem Mehl angetrieben werden. |
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Soll der Hauptteig mehr als 500 g Mehl enthalten, muss mit entsprechend mehr Starter angefangen oder zweifach aufgefrischt werden. | Es kann nicht einfach ein bisschen mehr Mehl und Wasser zugegeben werden, wie beim normalen Sauerteig. Dadurch würde der milde Starter an Triebkraft verlieren und zu viel Säure produzieren. | |
Der milde Sauerteig muss warm geführt werden. D.h. bei Temperaturen von ca. 28°C. |
Tipps: – Warmes Wasser verwenden, aber das ASG nicht verbrennen |